Schimmeliges Stroh

Mykotoxine - die Gifte der Schimmelpilze

Wenn vergammeltes Futter gefüttert wird

Mit Schimmelpilzen kontaminiertes Futter führt bei Pferden zu schweren Leber- und Nierenerkrankungen, kann Koliken auslösen und die Fruchtbarkeit schädigen. Das liegt an den Stoffwechselprodukten der Schimmelpilze, den Mykotoxinen, die hochgiftig sind und ein weltweites Ernährungsproblem darstellen.

Das Problem hat Geschichte. Früher wusste jeder Landwirt, dass Rinder, die zu den Wiederkäuern gehören, weit besser in der Lage sind, mit der Belastung durch Schimmelpilze fertig zu werden als Pferde oder Schweine. Pferden war deshalb immer das bessere Futter vorbehalten.

Wissenschaftliche Untersuchungen haben das mittlerweile unproblematisch belegt. Leider sind sehr viele Pferdebesitzer dem Stallbetreiber auf Gedeih und Verderb ausgeliefert, wenn es um die Heu- oder Strohqualitäten geht, die den Pferden immerhin als Grundnahrungsmittel angeboten werden.

Schimmelpilze sind Überlebenskünstler

Stroh im Freien

Schimmelpilze werde landläufig als Schimmel bezeichnet und gehören zu den filamentösen (mycelbildenden) Pilzen. Die Sporen der Schimmelpilze sind nahezu unsichtbar, sind in der Regel überall in der Luft vorhanden und dienen der ungeschlechtlichen Vermehrung der Schimmelpilze.

Sie sind die Form, in der der Pilz sehr lange unter sehr unwirtlichen Bedingungen überstehen kann. Ihr Stoffwechsel ist inaktiv. Sie brauchen weder Wasser, Luft noch Nährstoffe. Das macht sie nahezu unangreifbar. Man weiß, dass Schimmelpilze in dieser Form Tausende von Jahren schadlos überstehen können.

Ihre Aktivierung erfolgt durch Feuchtigkeit

Sobald die Temperatur und die Feuchtigkeit stimmen, wird der Stoffwechsel der Sporen aktiviert. Mit ausreichend Sauerstoff und günstigem pH-Wert entwickelt sich aus den Sporen eine fadige Struktur aus kleinen langen dünnen Pilzfäden, die wir dann als Schimmel erkennen. Diese meist kreisrunde Struktur wird Myzel genannt.

Schutz vor Fressfeinden

Während die Sporen nicht einmal von Luft und Liebe leben, ist der Schimmelpilz eine Fressmaschine. Er ernährt sich von organischen Molekülen wie Kohlenhydraten, Eiweiß und Fetten und schreckt nicht einmal vor Leder zurück. Dabei bildet er Sekundäre Stoffwechselprodukte, sogenannte Mykotoxine. Die scheidet der Pilz aus, um sich selbst vor Fressfeinden, wie zum Beispiel Bakterien zu schützen. Mykotoxine gehören zu den giftigsten Stoffen, die die Natur produziert. Das Problem der Schimmelpilzbelastung besteht also nicht in der Menge der Pilze, sondern in der Produktion von Sekundären Stoffwechselprodukten, den Mykotoxinen.

Von was ernährt sich der Schimmelpilz?

Mykotoxine

Ganz besonders bevorzugen Schimmelpilze nahrhaftes stärkereiches Getreide. Dabei befallen sie das Getreide bereits während des Wachstums. Regen kurz vor der Ernte, Halmbruch und das sogenannte „Lagern“ des Getreides auf dem feuchten Feld begünstigen die Ausbreitung von Schimmelpilzen.

Bei einem Wassergehalt über 15 Prozent während der Trocknung und Lagerung vermehren sich die Schimmelpilze im Getreide.

Ähnliche Probleme bestehen auch für Heu. In der Phase der Heuernte führen Regen oder unzureichende Trocknung zur raschen Vermehrung von Schimmelpilzen. Bei einer Restfeucht über 15 Prozent und einer unzureichend trockenen Lagerung bleiben die Schimmelpilze aktiv.

Silage wird dann von Schimmelpilzen befallen, wenn es durch Zerstörung der Umwicklung der Ballen zu Lufteintritt kommt und wenn Ballen zu lange offen gelagert werden. Daher soll Silage, wenn einmal geöffnet, rasch verfüttert werden. Je saurer die Silage, desto geringer ist die Gefahr der Kontamination.

Mykotoxine nahezu unzerstörbar

Während man den Schimmelpilz selbst durch Bedampfen zerstören, durch Säure beeinträchtigen oder durch nachträgliche Trocknung in die Schranken weisen könnte, verbleiben die Mykotoxine unzerstört im Futter.

Zu den bekanntesten Mykotoxinen zählen Aflatoxine, Ochratoxine, Zearalenone, Fumonisine und auch zum Beispiel auch das tödlich giftige Mutterkorn-Alkaloid.

Mykotoxine wirken teilweise krebserregend, können also das Erbgut verändern und rufen bei Mensch und Tier erhebliche gesundheitlich Schäden hervor. Während Aflatoxine vor allem die Leber schädigen, wirken Ochratoxine vorwiegend kanzerogen und schädigen die Nieren.

Zearalenone werden von Fusarium-Arten in Heu, Futtermitteln und Getreiden (vor allem Mais) gebildet, wirken nerven-, blutbildung- , haut- und fruchtbarkeitsschädigend.

Trichothecene können zusätzlich Durchfall und allergische Hautreaktionen hervorrufen. Sie stören das Immunsystem, so dass eine starke Vergiftung sogar entzündliche und blutende Lungenerkrankungen hervorrufen kann. Prinzipiell besteht durch Mykotoxinaufnahme Kolikgefahr.

Leider wird der Umstand, dass die Schimmelpilzgifte bei Bedampfung nicht zerstört werden können bei der Verwendung von Heubedampfern nicht berücksichtigt. Der Schimmelpilz wird zwar durch die hohen Temperaturen von über 100°C zerstört, seine Stoffwechselprodukte jedoch bleiben davon unberührt.

Ein Beispiel aus dem Haushalt: Verschimmelte Marmelade wird nicht besser, wenn man sie noch einmal aufkocht!

Nervenschädigungen durch Mykotoxine bei Pferden

Mykotoxine können das Nervensystem schädigen und zu untypischen Verhaltensweisen, plötzlichem Scheuen und unverständlichen Reaktionen führen. Solche Reaktionen können natürlich auch die Folge der Belastung von Leber und Niere durch die Schimmelgifte sein.

Veränderung von Blutwerten durch Mykotoxine

Mykotoxine können das Blutbild erheblich verändern. Hochgradig kanzerogen und leberschädigend sind die Aflatoxine, die Gifte von Aspergillus flavus, einem Pilz, der wirklich überall vorkommt. Aflatoxin B1 findet man vor allem in Getreide, Heu, Nüssen und Mohn.

Neben abnormen Zunahmen des Lebergewichts durch Glycogenablagerungen (Glycogen = tierische Stärke) kommt es zu einem Anstieg des Harnstoffwerts bei gleichzeitigem Absinken der Protein-, Albumin- sowie Triglycerid- und Phosphorwerte im Blut. Die Enzymtätigkeit verschiedener Organe verändert sich und es kann zu Aborten kommen. Das Immunsystem wird nachhaltig durch eine Beeinträchtigung der Makrophagen geschädigt.

Das Mykotoxin Ochratoxin wird u.a. von einigen Aspergillus- und Penicillium-Arten oft während des Pflanzenwachstums gebildet und führt zu Nierenproblemen mit Wasseransammlungen, die sich bei Pferden in angelaufenen Beinen zeigen können.

Lahmheiten mit Bewegungs- und Koordinationsstörungen oder sogar Ataxien, sowie Wachstumsdepressionen und verminderter Appetit können auf eine Belastung mit Ochratoxin hinweisen.

Fumarine und Mutterkorn-Alkaloide führen zu Lungenödemen und Herz- sowie Atembeschwerden. Die Lungenprobleme werden auf eine intensive Makrophagenantwort - ausgelöst durch die Mykotoxine - zurückgeführt.

Bei Ponys wurde sogar die Zersetzung der Skelettmuskulatur durch Mykotoxinbelastung festgestellt.

Gefährlich sind die östrogenähnlichen Zearalenone, da sie für verschiedenste Formen der Fruchtbarkeitsstörungen verantwortlich sind. Fusarienstämme, die Zearalenone bilden, sind recht verbreitet. Sie kommen in Mais, Weizen, Hafer, Gerste und auch im Stroh vor.

Schimmelpilzgifte im frischen Futtermittel

Man unterscheidet saprophytische (fäulniserregende) Schimmelpilze, die während der Lagerung ihr Unwesen treiben von endophytisch aktiven (innenwachsenden) Schimmelpilzen.

Ein Beispiel für Letztere sind sind Pilzarten, die vor allem kohlenhydratreiche Hochleistungsgräser wie Rohrschwingel und Deutschem Weidelgras bereits während des Wachstums besiedeln. Deren Mykotoxine ähneln den Mutterkorn-Alkaloiden und führen bei Weidetieren zu Lethargie, vermindertem Wachstum und geringerer Fruchtbarkeit.

Weitere durch Endophyten verursachte Schäden können sich in Form von Hufrehe, Hautentzündungen an den hinteren Gliedmaßen, Koliken, Schwellungen an Kopf, Rumpf und Unterbauch bis hin zur Darmlähmung zeigen.

Eine Ursache für die immer größer werdende Belastung mit Endophyten ist einerseits in der speziellen Leistungszucht dieser Gräser zu finden und andererseits in den schlechter werdenden klimatischen Gegebenheiten wie zum Beispiel die Trockenheit der Jahre 2018 und 2019.

Um einer Belastung von Grundfutter mit Endophyten zu verringern müssen verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, wie eine naturbelassenere Zusammensetzung unserer Weiden mit größerer Artenvielfalt aus schmackhaften Gräsern und Kleearten, von denen gerade letztere immer seltener geworden sind.

Desweiteren sind die beide Pflanzen so weit wie möglich vor Stress zu schützen (Verbiss und Vertritt). Letztendlich hat sich gezeigt, dass sich ein hoher Infektionsgrad an Endophyten vor allem an Mangelstandorten zeigt, was eine bedarfsgerechte Nährstoffversorgung des Bodens (Düngung) rechtfertigt.

Pilzbefall ökonomisch bedeutend

Die krankheitserregende Wirkung der Schimmelpilze hat eine hohe ökonomische Bedeutung für die Futterwirtschaft. Oft sind die Futtermittel von mehreren Schimmelpilzgattungen befallen. Ebenso ist oft eine einzige Schimmelpilzgattung dazu fähig, mehr als nur ein Mykotoxin zu produzieren.

Mykotoxine sind meist fettlöslich und lagern sich in fetthaltigen Pflanzenteilen und im Körperfett des Tieres ab. Die Toxinbelastung in fettreichem Pferdefutter stellt unter diesem Gesichtspunkt ein interessantes Forschungsgebiet dar.

Belastung durch Giftstoffe erkennen

Es ist nicht einfach, mit dem bloßen Auge die Schimmelpilzbelastung eines Futtermittels zu beurteilen. Bei Getreide kann man durch Geruch und die Farbe zumindest eine hohe von einer niedrigen Qualität unterscheiden. Befallener Hafer zeigt sich oft grau, aber auch Rot-Braunfärbung der Körner, Verfärbung der Maiskolben, Schmachtkörner, taube Ähren und abgestorbene Halme können auf Belastung hinweisen. Heu zeigt sich oft staubig, auf den Halmen findet man kleine schwarze Punkte, das Heu riecht nicht nach Heu sondern muffig bzw. modrig. Bei der Silage zeigt eine weiß-grau Verfärbung einen Befall an.

Leider ist es nahezu unmöglich, Pferde vollständig mit hochwertigem, von Mykotoxinen unbelastetem Futter zu ernähren. Entscheidend ist sicher die Gesamtmenge an Mykotoxinen über das Grundfutter. Wer wissen möchte, ob Pferdefutter kontaminiert ist, kann Proben an die Landesuntersuchungsanstalten (LUFA) oder andere entsprechende Labore schicken.

Vergiftung in Schach halten

Selbstverständlich ist bei Pferde auf eine besonders hohe Qualität des Grundfutters zu achten. Das geht aber nicht immer. Wenn Pferde einer Mykotoxinbelastung ausgesetzt waren oder sind, kann eine Schadensbegrenzung durch eine Aktivierung der Leber-, Darm- und Nierenfunktion vorgenommen werden. Die Unterstützung und Entlastung der Entgiftungsorgane ist ein großes Anliegen der naturheilkundlich orientierten Medizin. Hier eignen sich zahlreiche Naturstoffe wie Kräuter aber auch die Homöopathie.

Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand  2010 überarbeitet 2021©

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