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Aufgasungen beim Pferd

Fehlgärungen als Resultat einer gestörten Darmflora

Blähungen (Flatulenzen) sind weder beim Pferd, noch beim Hund, noch beim Menschen ein besonders gutes Zeichen für Gesundheit oder einer guten Verdauung. Das Gegenteil ist richtig.

Blähungen führen zu einer Umfangsvermehrung des Darmes, der wiederum auf das Zwerchfell drücken kann und damit sowohl Herz als auch Lunge belasten kann.

Abgesehen davon ist die Aufblähung an sich bereits durch den Druck schmerzhaft. Pferde, die unter Fehlgärungen leiden, wirken oft etwas steif und unbeweglich, sowie leicht übersäuert.

Sie bewegen sich nicht gerne und schwingen erst dann durch den Körper wenn die Winde abgegangen sind.

Gase durch Gärung

Während des Verdauungsvorganges kommt es im Darm zu fermentativen Prozessen, die durch Hefen, Bakterien, Amöben und eine andere Menge vieler mehr oder weniger harmlosen Kommensalen bewirkt werden.

Dabei werden energieliefernde Nährstoffe wie Kohlenhydrate, Fett, Eiweiß und beim Pferd vor allem Faserstoffe abgebaut. Die dabei entstehenden Produkte sind teilweise gewünscht und dienen der Energieversorgung in Form von Fettsäuren, Zuckermolekülen oder Aminosäuren. Andere hingegen sind vor allem in größeren Mengen unerwünscht.

Dazu gehört freiwerdendes Kohlendioxid, das meist geruchlos verschwindet und zu den Gärgasen zählt. Anders hingegen riechen schwefelhaltige Verbindungen, wie Faulgase, zu denen Schwefelwasserstoff und Methan gehören. Aber auch Stickstoff- und Wasserstoffverbindungen entstehen, von denen letztere hochexplosiv sind.

Bei jedem Fermentationsvorgang kommt es zur Entstehung biogener Amine, die Durchfall oder Blähungen erzeugen können. Die Gas- und Aminbildung ist um so unangenehmer, je höher der Grad an Fehlgärung ist, die zum Beispiel durch eine Fehlbesiedelung des Darms erfolgen können und je höher der Anteil an Eiweiß ist, der unverdaut in den Dickdarm gerät.

Ursachen für die Entstehung von Fehlgärungen

Heutzutage werden die meisten Aufgasungen bei Pferden durch mikrobiologisch nicht einwandfreie Heuqualitäten verursacht. Dazu kommt nicht selten die Fütterung ad libitum, also 24/7 mit finanziell eher günstigem Heu, dem man keine besondere Qualität abfordern kann.

Auch zu hohe Zucker- oder Proteinmengen im zu großzügig gefütterten Heu können die Darmflora ins Ungleichgewicht bringen.

Erst an zweiter Stelle folgt ein mögliches Überangebot an Stärke aus Getreide.

Der Weidegang vor allem im Frühjahr kann zu einem Überschuss an Protein führen.

Die Fütterung von Silage an sich kann durch ein Überangebot an biogenen Aminen bereits zu schweren Dysbiosen führen.

Hastiges Fressen kann auch eine Ursache für Aufgasungen darstellen. Die Fütterung von Heu vor der Kraftfuttermahlzeit, das Einhalten mäßiger Kraftfutterportionen bzw. Aufteilen auf mehrere Portionen, oder das Strecken der Kraffutterration durch Fasern wie Häcksel sind Möglichkeiten, den hastigen Fresser etwas zu bremsen.

Stress und Angst gelten als Verdauungsstörer schlechthin. Stress entsteht bei Pferden durch falsche Reit- und Umgangsweise, Boxennachbarn oder Weidekollegen denen man nicht entgehen kann. Veranstaltungen, Wettkämpfe und Transporte können bei Pferden zu Verdauungsstörungen führen.

Leberprobleme und Futterunverträglichkeiten verstärken die Neigung zu Blähungen. Allergien weisen meist auf eine schwache Leberfunktion hin.

Überragende Zufuhren an schwefelhaltigen Nahrungskomponenten (schwefelhaltige Proteine, MSM oder DMSO) können nicht nur den Darm reizen sondern auch zur Entwicklung von schwefelhaltigen Gasen führen.

"Das Mileu ist alles - die Mikrobe nichts" (Pierre Béchamps *1816 und Claude Bernard *1813)

Die Aussage von Bechamps uns Bernard zeigt uns, dass die Gesunderhaltung der vorhandenen Mikroorganismen im Darm oberste Priorität hat.

Die gesunde Aktivität der Mikroben im Darm ist nicht nur abhängig von den zugeführten energieliefernden Nährstoffen wie Rohfaser, Kohlenhydraten, Proteinen und Fett. Die Umwandlung der Nährstoffe hängt von der Möglichkeit der Mikroben ab, diese Stoffe in ihren Zellen auf enzymatischen Weg umzubauen. Dazu werden vor allem auch Spurenelemente und Vitamine als Cofaktoren benötigt. Ein Mangel an Spurenstoffen wie Zink, Mangan, Kupfer, Kobalt, Jod etc. schränkt die Aktivität der gesunden Mikroorganismen ein. Unverdaute Partikel werden Fäulnisbildern überlassen.

Diese Spurenstoffe gelangen jedoch nur bis in den Dickdarm des Pferdes, wenn davon ausreichende Mengen gefüttert werden!

Die Gabe von - in heutigen Rationen oft fehlenden Nährstoffen wie Spurenstoffen und Kräutern  - optimieren den Darm oft auf natürliche Weise und verbessern so das Darmmilieu (wenn die Raufuttergaben von ausreichend guter Qualität zur Verfügung stehen). So siedelt sich automatisch eine gesunde Darmflora an. Die ist wiederum in der Lage, den Nährstoffaufschluss so zu gewährleisten, dass weniger Gase entstehen.

Eine nährstoffbilanzierte Fütterung unter Einsatz verdauungsfördernder Kräuter sowie ein sorgfältiger Umgang mit dem Pferd, ausreichend Bewegung (mindestens die tägliche Stunde Arbeit und eventuell Paddockhaltung), sowie ein Ausgleich etwaiger Nährstoffmängel können das Entstehen von Blähungen und Fehlgärungen eindämmen und dem Pferd zu mehr Wohlbefinden verhelfen.

 

Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand 2013 überarbeitet 2024©

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