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Hiobsbotschaft: Fesselringbandsyndrom

Mehr als nur ein Sehnenschaden

Das Fesselringband fixiert die Beugesehnen in ihrer gemeinsamen Sehnensscheide auf dem Gleitkörper über bzw. zwischen den Gleichbeinen (Sesambeinen). Aus ganz verschiedenen Gründen kommt es zu einer räumlichen Verengung im Bereich des Fesselringbandes. Der Platz wird eng für die Sehnenscheiden und es kommt zu Anschwellungen, die sich deutlich über dem Fesselringband zeigen. Wird nicht gehandelt, kann diese Fesselgelenksgalle zur extrem hartnäckigen und auch chronischen Lahmheit führen.

Das Fesselringband (Ligamentum annular palmare/plantare) ist ein unelastisches Band, das an beiden Gleichbeinen ansetzt und so das Fesselgelenk umspannt.

Durch das Fesselringband fließen die Beugesehnen und die Beugesehnenscheide und werden so an ihrem Platz gehalten. Bei einer Fesselringbanderkrankung bzw. Fesselringbandstriktur (Fesselringbandverengung) wird unterschieden zwischen dem Primären Fesselringbandsyndrom, bei dem ein zu kurz gewordenes Ringband (Verdickung durch entzündliche Prozesse) die Sehnen abschnürt und dem Sekundären Fesselringbandsyndrom, bei dem es durch die Anschwellung der entzündeten Sehnen zu einer Abschnürung kommt.

Leider wird anfänglich das Fesselringbandsyndrom gerne zunächst mit einer harmlosen Überlastungsgalle verwechselt. Daher sollte ein angeschwollener Fesselkopf immer eine Warnung sein.

Je früher man hier mit der Beobachtung einsetzt, desto besser, denn geht man die Problematik nicht schnell genug an, kommt es zu chronischer Lahmheit mit wenig Chance auf Genesung. Die positive Nachricht ist, dass mittlerweile erfahrene Tierärzte und Kliniken über sehr gute bildgebende Verfahren verfügen, in denen festgestellt werden kann, ob das Ringband verdickt ist, Sehnenschäden die Ursache sind oder "nur" Sehnenscheidenentzündungen, bei denen die Flüssigkeitsverteilung gestört ist.

 

Gründe für die Entstehung des Fesselringbandsyndroms

 

1. Mögliche Verletzungen des Fesselkopfes können zu einer Beschädigung des Fesselringbandes führen (Draht oder Nagelstiche). Durch eine narbige Retraktion, also ein Zusammenziehen des Bandes aufgrund der Bildung minderwertigen Bindegewebes kommt es zu einer Ein- bzw. Abschnürung.

2. Eine Sehnenscheidenentzündung kann auf das Fesselringband übergreifen, so dass das Ringband direkt an der oberflächlichen Beugesehne anheftet. Durch den Versuch des Körpers, die Sehnenscheiden zu reparieren kann es zu Vernarbungen und damit zu einer Verengung dieses wichtigen Körperkanals kommen. Dabei wird oft Druck auf die oberflächliche Beugesehne ausgeübt. Bei zu starkem Druck droht Gewebszerfall.

3. Da das Fesselringband nicht elastisch ist, kann eine chronische Schwellung der oberflächlichen oder tiefen Beugesehne durch eine Sehnenscheidenentzündung oder sogar eine Sehnenscheidenverletzung (Desmitis) ähnliche Symptome hervorrufen wie eine Einschnürung des Fesselringbandes. In jedem Fall wird die Sehne abgeschnürt.

4. Veränderungen an den Gleichbeinen (sowohl Struktur-, als auch Konturveränderungen) und Verkalkungen in den Beugesehnen sind beim Auftreten des Fesselringbandsyndroms vor allem bei schon lahmen Pferden möglich.

5. Auch eine Überstreckung oder Überdehnung des Fesselringbandes mit nachfolgender Entzündung und Narbengewebsbildung ist bei bestimmten Reittechniken zu beobachten.

Von außen gut erkennbar

Das Fesselringband der Vordergliedmaßen ist im allgemeinen dünner als das der Hintergliedmaßen. Es wird mit 2 Millimeter Dicke angegeben, wobei auch 1,7 Millimeter bis 5,6 Millimeter bei betroffenen Pferden möglich sind. Ein Zusammenhang zwischen der Fesselringbanddicke und der Lahmheitsdauer ist nicht ersichtlich.

Es kommt in jedem Fall zu einer vermehrten Füllung der Sehnensscheide der oberflächlichen und tiefen Beugesehne über dem Fesselringband. Betrachtet man den Fesselkopf von der Seite, ist eine Einschnürung über dem Fesselringband zu erkennen. Eine deutliche Einziehung noch über dem Fersensporn ist möglich. Durch den andauernden Druck auf die oberflächliche Beugesehne kommt es zu Entzündungen und Gewebeuntergang. Sowohl Entzündungen als auch der Gewebeuntergang führen zur Bildung von Narbengewebe.

Bei der absoluten Einengung ist tatsächlich der innere Durchmesser des Fesselringbandes verkleinert, die relative Einengung ist gekennzeichnet durch die Volumenzunahme des Sehnenapparates (Fesselträger, Beugesehen).

Bei veränderten Fesselringbändern können Veränderungen in der Anordnung der Kollagenbündel durch Ultraschallaufnahmen beobachtet werden. Meist gehen diese Veränderungen mit eine Anhäufung von teilweise sehr gefüllten Blutgefäßen einher. Ebenso wurden Veränderungen an den Zellkernen von Fibroblasten festgestellt.

Fibroblasten - Bauherren des Bindegewebes

Fibroblasten sind Bindegewebszellen und auch genau dort, im Bindegewebe und in der Extrazellulären Matrix zu finden. Sie stammen aus dem Mesoderm (der Zellschicht zwischen Ekto- und Entoderm) und bilden den überwiegenden Teil der Körpermasse.

Ihre Aufgabe ist die gesunde und narbenfreie Regeneration des Bindegewebes, zu dem Sehnen- und Sehnenscheiden zählen. Die Aktivierung der Fibroblasten schafft Schmierung, Stabilität und Form.


Das Fesselringbandsyndrom betrifft vorwiegend Pferde mittleren Alters. Meist ist nur ein Bein, im Allgemeinen ein Vorderbein eher als die Hinterhand betroffen. Die Entwicklungen sind sehr hartnäckig, denn durch Bewegung kann die Entzündung immer wieder aufflackern.

Während der Stützbeinphase tritt das Pferd mit dem Fesselkopf nicht vollständig durch, was ein klassisches Merkmal für die Fesselringbandbeteiligung darstellt.

Möglichkeiten einer Heilung

Da es sich beim Fesselringbandsyndrom um eine sehr schwerwiegende Erkrankung handelt, wurde bisher nur die operative Trennung des Ringbandes in Betracht gezogen.

Je nach Situation und Entwicklung muss unterschieden werden. Blutegeltherapie, Retterspitzwickel oder homöopathische Maßnahmen können dazu beitragen, die Entzündung zu kupieren. Ob damit jedoch ein langfristiger Erfolg erreichbar ist, ist von der Situation abhängig und sollte eng mit dem Tierarzt abgesprochen werden.

Fütterung bei Fesselringbandveränderungen

Fütterungsmaßnahmen sollten so angelegt sein, dass ausreichend Bausteine vorhanden sind, um der Vernarbung des Gewebes Einhalt zu gebieten bzw. Vernarbungen des Gewebes aufzulösen. Grundsätzlich kann man bei einem ansonsten gesunden Körper davon ausgehen, dass er hoch bestrebt ist, die ursprünglichen Organ- und  Gewebestrukturen wieder herzustellen. Daher ist eine dem Bedarf angepasste Mineralisierung, die auch Nährstoffmängel aus der Vergangenheit auszugleichen in der Lage ist, anzustreben. Unterstützung liefern auch physiologisch aktive Nährstoffe, die gezielt Makromoleküle liefern, die tatsächlich für den Gewebsaufbau verwendet werden können.

 

Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand November 2020 überarbeitet 2022©

 

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