Silageballen Heulage

Silage - das Unfutter

Fütterung von Heulage und Silage an Pferde

Die Silage- oder Heulagefütterung bei Pferden wird heftig diskutiert. Mit vollem Recht. Kaum ein Futter hat bei so wenigen Vorteilen noch so viele Nachteile.

Die Einsatz von Silage in der Massentierhaltung, eine vom Wetter unabhängige Ernte und die einfache Lagerung der Silageballen auch auf offenen Fläche hat viele Landwirte in die Versuchung geführt, Silage oder Heulage auch an Pferde zu verfüttern. Unterstützt wurde dieser Trend sogar an den Tierhochschulen, ohne sich über die ernährungsphysiologischen Nachteile dieser Form der Konservierung weiterzubilden.  

Silage selbst in der Rinderhaltung verpönt

Mittlerweile ist selbst aus der Rinderhaltung bekannt, dass die Silage negative Auswirkungen auf die Fleisch-, Milch- und Käsequalität sowie die Kälbergesundheit haben kann. Auch beim Verbraucher geht der Trend zu Heumilch und Heumilchprodukten.

Dass die Fütterung silierten Raufutters immer noch bei Pferden praktiziert wird gibt insbesondere in der Aufzucht von Pferden allerhöchsten Anlass zur Sorge.

Silage bzw. Heulage wird von Pferden gerne gefressen und stellt eine Alternative für miserable Heuqualitäten dar. Für stauballergische Pferde scheint die staubfreie Silage oft die letzte Rettung. Sie ist zudem blattreich und damit spurenelement-, mineral- und energiereich.

Die von Fütterungsexperten geäußerte Forderung, dass Silage nur von sachkundigen Per­so­nen herge­stellt und verfüttert werden sollte, zeigt, dass es sich hier um ein nicht ganz unproblematisches Futtermittel handelt. Die Silageherstellung obliegt höchster Sorgfalt und Gewissenhaftigkeit. Abweichungen vom Verfahren, Unkorrektheiten oder Nichtbeachtung bestimmter Vorgehensweisen führen zu einer Verschlechterung der Qualität bis hin zum Verderb, der unter Umständen dem Futtertier das Leben kosten kann.

Da das Thema Silage hoch emotional und kontrovers diskutiert wird, sollte man sich - wisschenschaftlich fundiert - damit auseinandersetzen, um dann abzuwägen. Dazu ist ein wenig Hintergrundinformation wichtig.

Silage - für den Winter haltbar gemachtes Gras

Wenn man Gras einfach abschneiden und liegen lassen würde, würde es faulen. Daher wird bei der Heuwerbung das Gras nach dem Schnitt mit Hilfe der Sonne getrocknet und gewendet bis ein Trockensubstanzgehalt von 85 Prozent erreicht. Bei einer Restfeuchte von unter 15 Prozent ist dem dem Verderb Einhalt geboten. Schlechtes Wetter macht die Heuernte zum Fiasko. Nährstoffe werden ausgewaschen und durch das zusätzliche Wenden des Heus entstehen Bröckelverluste, insbesondere Blatt- und damit Mineralien- und Spurenelementverluste. Nicht vollständig getrocknetes Heu neigt zur Schimmelbildung und ist zur Verfütterung ungeeignet.

Hier zeigt sich die Silage Ihre Vorteile. Silage wird aus Gras (Grassilage), angetrocknetem Gras (Heulage)  oder gehäckselten Maispflanzen (Maissilage) unabhängig vom Wetter gewonnen.

Grassilage oder Heulage

Die für die Pferdefütterung ungeeignete Grassilage wird vor der Blüte (oder als zweiter Schnitt) geschnitten und für ca. einen halben bis einen Tag auf dem Feld belassen. Anschließend wird sie wie Heu gepresst und luftdicht verpackt. Die Grassilage ist aufgrund des hohen Eiweißgehalts, des geringen Rohfasergehalts und einer Restfeuchte von 60 bis 65 Prozent für die Rinderfütterung vorbehalten.

Im Allgemeinen ist es Heulage, die an Pferde verfüttert wird, auch „Gärheu“ genannt. Sie hat einem höheren Trockensubstanzgehalt als Grassilage. Das Gras wird nach der Blüte geschnitten und angetrocknet, bevor es in Ballen gewickelt wird. Das sperrige Mähgut der Heulage muss fester gepresst werden als das der Grassilage, denn es dürfen keine Lufträume entstehen. Silierhilfsmittel bzw. Milchsäurebakterienzusätze sind obligat!

Anschließend muss die Silage mehrfach mit Plastikfolie umwickelt werden, damit kein Luftaustausch mit der Umwelt stattfindet. Die Heulage hat einen Restfeuchtegehalt von 30 bis 50 Prozent. Der niedrigere Trockensubstanzgehalt muss allerdings bei der Fütterungsmenge berücksichtigt werden. Es muss also mengenmäßig deutlich mehr Silage als Heu gefüttert werden, um auf den gleichen Rohfasergehalt zu kommen. Die Nachteile und auch Gefährlichkeit der Heulage zeigt sich bei genauer Betrachtung des Siliervorgangs.

Das Geheimnis des Siliervorgangs

Beim Siliervorgang wird dem angetrockneten Gras durch die Mikroorganismentätigkeit der Sauerstoff entzogen.

Je "luftiger" die Silage gepackt ist (zum Beispiel durch die Sperrigkeit angetrockneten überständigen Grases bei der Heulagegewinnung), desto länger besteht die Möglichkeit, dass aerobe Keime, darunter auch unterwünschte Hefen Essigsäure, Kohlendioxid und Alkohol produzieren.

Erst nach vollständiger Veratmung und Fermentierung unter absolutem Luftabschluss entsteht ein anaerobes Milieu. Hier fühlen sich nur noch Mikroorganismen wohl, die ohne Sauerstoff leben können. Hocherwünscht bei der Silierung sind die Milchsäurebakterien, die sich ohne Sauerstoff vermehren können und zu einem raschen Absinken des pH-Wertes beitragen.

Alle anderen Mikroorganismen werden als Gärfutterschädlinge bezeichnet. Die Milchsäurebakterien verwenden den Traubenzucker (Glukose) aus der Pflanze und setzen ihn direkt in Milchsäure um. Je nach Dauer der Fermentierung, nicht richtig gepressten Hohlräumen oder Verpackungsfehlern entstehen neben Milchsäure auch Essigsäure, Alkohol oder Buttersäure (die stinkende Buttersäure ist zum Beispiel ein Anzeichen für die Tätigkeit von Clostridien).

Luftabschluss vorausgesetzt

Im Rahmen des in der Verpackung entstandenen sauerstofffreien (anaeroben) Klimas sterben die sauerstoffbenötigenden Keime, u.a. Hefen und Bakterien ab. Dadurch wird der Verderb des Siliergutes gestoppt und man spricht ab jetzt von der Gärung, die mit Hilfe anaerober Keime einsetzt. Durch die sich dann rasch vermehrenden drei Arten von Säurebildnern, die Milch-, Butter- und Essigsäurebakterien, wird der Grasschnitt rasch eingesäuert. Im Laufe der Gärung verschiebt sich in der Silage das Verhältnis zugunsten der Milchsäurebildner. Der Prozess verläuft etwa über zwei bis drei Tage.

Das Geheimnis einer guten Konservierung liegt in der raschen Entwicklung der Milchsäurebildner und der dadurch schnellen Einsäuerung des Siliergutes. Die Vergärung durch die milchsäurebildenden Bakterien endet durch den nun erreichten niedrigen pH-Wert oder dadurch, dass vorhandener Zucker restlos aufgebraucht ist. Zu langsame Einsäuerung und ein hoher Zuckergehalte unterstützen die Bildung von Alkohol durch Hefen. Eine rasche Einsäuerung nimmt hingegen den gefährlichen Clostridien die Lebensmöglichkeit.

Silage ist ein saures Futter

Die Säurebildung ist entscheidend für die Qualität der Silage. Die entstehende Milchsäure säuert das Siliergut ein. Wird der pH-Wert von 4,8 unterschritten, sterben fäulniserregende Keime ab. Die gefährlichen krankheitserregenden Clostridien sterben erst ab einem pH-Wert von 4,2 bis 4,4, was wichtig ist zu wissen, denn oft erreicht Heulage diesen Wert nicht!

Während der zweiwöchigen Hauptgärphase sinkt der pH-Wert weiter. Die Milchsäurebildner bleiben bis zu einem pH-Wert von 3 aktiv. Der Gärprozess endet nun entweder aufgrund eines niedrigen pH-Wertes oder weil keine vergärbaren Kohlenhydrate mehr zur Verfügung stehen. Im Idealfall ist nun die Silierung abgeschlossen und das Produkt ist das ganze Jahr haltbar.

Wer durchgegorene Silage füttert, muss allerdings wissen, dass er seinem Pferd ein saures Futter füttert. Die ständige Zufuhr von Säure mit dem Grundfutter ist ein erheblicher Angriff auf die körpereigenen Natriumbicarbonatreserven, die dazu dienen, den Körper zu entsäuern. Damit führt die Silagefütterung zu einer kontinuierlichen Übersäuerung des Organismus. Zur Neutralisation von Säuren benötigt der Körper verschiedene Mineralstoffe und Spurenelemente.  Daraus könnte die Gefahr einer schleichenden Form der Entmineralisierung - nicht nur bei Jungpferden - entstehen. Zahlreiche Pferde reagieren auf eine zu hohe Säurezufuhr mit Verspannungen und Muskelverkrampfungen. Wer Heulage füttert, die den pH-Wert von 4,2 nicht erreicht hat und sich in Sicherheit wiegt, kein so saures Futter zu füttern, läuft Gefahr, dass sein Pferd eine Vergiftung durch Clostridien erleidet, die nicht selten tödlich endet.

Probleme bei der Silierung

Wird die Verpackung der Silage beschädigt, tritt Luftsauerstoff in das Siliergut ein. Es kommt rasch zu einer Entwicklung von Hefen und aerobe Bakterien, die dabei Milchsäure abbauen. Der daraus resultierende Anstieg des pH-Wertes führt zum Verderb. Der Silageballen muss verworfen werden.

Eine weitere Gefahr besteht darin, dass durch zu geringen Pressdruck sauerstoffliebende Keime überleben und sich vermehren. Das Siliergut verdirbt. Beim Futtertier kommt es zu Verdauungsstörungen, wie Durchfall und Koliken. Um Lufträume zu vermeiden muss vor allem die sperrige Heulage mit besonders hohem Druck gepresst werden. Nachlässigkeit kann tödlich enden.

Gefahr durch Clostridium botulinum bei Heulage

Gelingt es nicht, die Silage rasch sauer zu vergären und den kritischen pH-Wert zu erreichen, was bei Heulage nur selten erreicht wird, kommt es zur Vermehrung von Clostridien. Das sind Bakterien, die ein Gift namens Botulin produzieren. Botulin hemmt die Signalübertragung von Nervenzellen und hat eine muskellähmende Wirkung. Die Vergiftung mit Botuliln, der sogenannte Botulismus, äußert sich beim Pferd in Lähmungen und schweren Koliken, bei denen das Bakteriengift zu oft als tatsächlicher Auslöser übersehen wird.

Clostridien leben in der Erde und vermehren sich besonders gut unter Luftabschluss, vor allem bei Anwesenheit eiweißhaltiger Tierkadaver (Schnecken, Vögel oder Kleinsäugetieren).  Die allerwenigsten Landwirte bzw. deren Mitarbeiter machen sich die Mühe, direkt vor dem mähen die Grundflächen zu begehen,  um Kleintiere wie Hasen, Kaninchen oder Rehe aufzuscheuchen,  damit nicht später deren Kadaver geschreddert in die Folie mit eingewickelt werden.

Die Zeit, nach dem Schwaden und vor dem Pressen das Mähgut nach nach Unrat, Zweigen, Kadavern und anderen Abfällen abzusuchen, besteht heute nicht mehr. Zudem wird das Mähgut nicht selten zu dicht an der Bodenoberfläche abgeschnitten, sodass clostridienhaltige Erdanteile in die Silage gelangen. Unter Luftabschluss und zu langsamer Einsäuerung besteht die Gefahr einer Kontaminierung.

Clostridien wandeln Protein und Milchsäure in biogene Aminosäuren und Buttersäure um. Die Buttersäure riecht wie Käse oder Stinkbomben. Da die Milchsäure dagegen geruchlos ist, sollte Silage immer angenehm riechen. Unangenehmer Geruch ist somit ein Hinweis auf Fehlgärungen (z.B. durch Pressung mit zu geringem Druck).

Durch die potentielle Gefahr einer Infektion mit  Botulismus durch das Vorhandensein von Clostridien sind sowohl Silage als auch Heulage beim Pferd dringend abzuraten. Wiederkäuer wie Kühe haben Gegenüber Schadbakterien und deren Giften eine größere Chance als Pferde.

Gesundheitlich bedenkliche Reaktionen durch Silagefütterung

Einer der Hauptgründe, weder Silage noch Heulage an Rinder oder Pferde zu verfüttern ist der Umstand, dass es bei jedweglicher Vergärung proteinhaltiger Futtermittel durch Bakterien, Pilze oder Hefen zur Bildung Biogener Amine kommt.

Nicht wenige Pferde reagieren auf Silagefütterung und die damit verbundene Zufuhr nicht geringer Mengen Biogener Amine mit Durchfall, Blähungen, Koliken bis hin zu Herzkreislauferkrankungen, die an angelaufenen Beinen (vorne und hinten) zu erkennen sind.

Pferde und Kühe sind keine Aasfresser

Die allergisch, katarrhartigen Reaktionen, die vorrangig durch Histamin (das bekannteste Biogene Amin) ausgelöst werden haben einen enormen negativen Einfluss auf die Gesundheit von Nicht-Aasfressern.

In Silage sind genau die Voraussetzungen gegeben, Biogene Amine (auch Putrescin, Cadaverin, besser bekannt als Leichengifte, aber auch Tyramin, welches eine Kontraktion der glatten Muskulatur bewirkt ), abhängig von der Gesamteiweißmenge, der Art der vorhandenen Mikroorganismen und ausreichend Zeit zu bilden.

Siehe unten: Darstellung des Moleküls des Biogenen Amins Cadaverin, entstehend aus der Aminosäure Lysin:

Je problematischer oder unsauberer die Gärung, desto stärker wird Histamin von Mikroorganismen gebildet.

Der Abbau von Biogenen Aminen wird von der Leber übernommen. Die langfristige Fütterung von Silage an Pferden führt unweigerlich zu Leberüberlastungen, zu Leberproblemen und damit zu Störungen des Immunsystems, Wachstumsdepressionen, Hormonstörungen und gestörtem Muskelaufbau. Erkrankungen wie dem Equinen Metabolischen Syndrom, dem Equinen Cushing Syndrom, der Hufrehe und Atemwegserkrankungen ist dadurch Tür und Tor geöffnet!

Die Menge an gebildetem Histamin kann nur durch einen zügigen, fehlgärungsfreien Siliervorgang in Grenzen gehalten werden. Eine Silage ohne Biogene Amine allerdings ist unmöglich! Daran lässt sich nichts wegdiskutieren.

Daher kann, wenn man es überspitzt ausdrückt, die Silagefütterung an Jungpferde mit der Gabe von Alkohol an kleine Kinder verglichen werden. Beides schädigt langfristig die Leber und hemmt nachhaltig die Entwicklung, das Immunsystem und den Knochenaufbau.

Sachkenntnis, Gewissenhaftigkeit und Vorsicht Voraussetzung

Die Herstellung von Silage erfordert viel Wissen, großes Können und extreme Vorsicht. Um zunächst Fehlgärungen zu vermeiden, sollte mit erhöhtem Pressdruck und einwandfreien, luftdichten, doppelten Wickelfolienschichten gearbeitet werden. Das Grass sollte langsam gemäht werden, um kleinen Tieren die Flucht zu ermöglichen. Die Erdaufnahme könnte mit einem Abernten weit über dem Boden verringert werden. Beide Maßnahmen würden einem massiven Clostridienbefall vorbeugen.

Silierhilfsmittel auf der Basis von Propionsäure, die bei der Wickelung eingespritzt werden, haben sich zur Qualitätsverbesserung sehr bewährt. Kaum ändern lässt sich allerdings prinzipiell das Vorhandensein von Histamin und dem hohen Säuregehalt von Silage. Letzterem sollte mit einer entsprechenden Mineralisierung im übrigen Futter begegnet werden. Zum Ausgleich sollte abwechslungsweise Heu und mindestens Stroheinstreu zur Verfügung gestellt werden.

Heulageballen müssen vor Verfütterung bzw. Rationszuteilung immer aufgeschüttelt und auf Fremdkörper sowie Fremdgerüche kontrolliert werden. Einmal angebrochene Heulageballen sollten temperaturabhängig innerhalb von etwa zwei Tagen aufgebraucht werden. Durch den Luftzutritt kann die Nachgärung einsetzen. Bei Schimmelbildung, Kadaverfunden und strengem Geruch nach Buttersäure sollte der komplette Ballen verworfen werden.

Heu ist und bleibt das Pferdefutter Nr. 1

Abschließend kann gesagt werden, dass die insbesondere auch einst sogar von Tierärzten hochgelobte Silage absolut kein Pferdefutter darstellt. Gutes Heu ist und bleibt die Grundlage für die gesunde Fütterung eines Pferdes.  Das Pferd und dessen Besitzer dürfen nicht die Leidtragenden einer bequemen und zudem falschverstandenen landwirtschaftlichen Handhabung sein. Alternativen zu sehr schlechtem Heu und Silage stellen die Verfütterung von Wiesencobs und Stroh als Raufutterlieferanten dar.

Wer sich fachlich dafür mehr interessiert, dem empfehle ich von Jeroch, Drochner und Simon "Ernährung landwirtschaftlicher Nutztiere", erschienen 1999 im Ulmer Verlag, Stuttgart.

 

Dr. Susanne Weyrauch 2010 (überarbeitet 2018) ©

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