Sehenschäden beim Pferd

Sehnenschaden beim Pferd -

wenn der Bogen überspannt wird

Sehnenerkrankungen zählen zu den häufigsten orthopädischen Erkrankungen, nicht nur beim sportlich genutzten Pferd. Eine Verletzung mit Entzündung der Sehne beim Pferd (Tendinitis) bedeutet nicht nur für das Pferd eine lange Stehzeit, verbunden mit etwaigen Schmerzen und Muskelabbau, sondern auch für den Besitzer eine hohe emotionale Belastung. Es ist hinreichend bekannt, dass die Heilung von Sehnengewebe vergleichsweise lang dauert und sogar mit Narbenbildung einhergehen kann.

In den meisten Fällen sind die oberflächliche Beugesehne, die tiefe Beugesehne oder der Fesselträger betroffen. Auch eine Schädigung der Strecksehne ist möglich. Der Tierarzt stellt durch Palpation oder Ultraschall fest, wo sich der Schaden befindet und schätzt das Ausmaß des Schadens ein.

Die Zeiten der Rekonvaleszenz betragen abhängig von der Defektgröße zwischen 3 und 24 Monaten, wobei ein Anteil von etwa 20 bis 60 Prozent der Pferde im Allgemeinen nicht mehr in den Leistungssport zurückkehren können. Allerdings werden solche Zahlen nicht unter der Berücksichtung des Einsatzes nutritiver Möglichkeiten erhoben!

Warum Sehnenschäden lange zur Heilung benötigen

Der langwierige Heilungsprozess ist dem hierarchischen Gewebsaufbau des Sehnengewebes geschuldet. Sehnen sind bandartige und eigentlich sehr mächtige Verbindungselemente, die die Wirkung der Muskeln auf das Skelett und die Fascien übertragen.

Die Grundstruktur zeichnet sich durch parallel angeordnete Kollagenfasern (Fibrillen), die wiederum in Bündeln (Fibrillenbündel) organisiert sind, aus. Wenn ein Schaden entsteht, zerfleddern diese korrekt angeordneten aus vorwiegend Kollagen bestehenden Strukturen. Es dauert daher mehrere Wochen, bis sich die Fasern wieder nebeneinander und aneinander ausgerichtet haben.

Zum Aufbau des Sehnengewebes

Sehnen bestehen aus Sehnenzellen (Tenozyten) in einer Extrazellulären Matrix (Interzellularsubstanz). Mit dem Alter verringert sich der Anteil der Extrazellulären Matrix, die reich an wasserbindenden Proteoglykanen ist.  Wie bei allen Bindegeweben üblich ist der Anteil an lebenden Zellen an ihrer Masse relativ gering. Sehnen bestehen stattdessen zu einem größeren Teil aus Strukturen, die zwischen den Zellen liegen. Die Zwischenzellmasse von Sehnen enthält hauptsächlich parallel verlaufende Fasern aus Kollagen. Diese Bindegewebsfasern sind zu Bündeln zusammengefasst und fest miteinander verbunden. Verschiedene Kollagenfasern ergeben ein sogenanntes Faszikel, welches von Nerven- und Blutgefäßen umgeben ist. Diese Struktur ist besonders reißfest und widerstandsfähig. Die Sehne selbst besteht aus 68%  Wasser und Tenocyten, 30 % Kollagen des Typ I und 2% Elastin.

Schäden weisen unterschiedliche Qualitäten auf

Bei kleinen Schädigungen sind eventuell nur ein paar Fibrillen zerrissen, bei schwereren  Fällen sind ganze Fibrillenbündel beteiligt und im schlimmsten Fall kann sogar die ganze Sehne zerissen sein (Sehnenruptur).

In diesen Abstufungen kann sich auch eine Lahmheit des Pferdes zeigen. Die Lahmheit des Pferdes kann sich als mittel- bis hochgradig herausstellen. Bei einer Ruptur der Sehne kann es zu Durchtrittigkeit kommen. Es gibt aber auch nicht wenige Fälle, in denen ein Sehnenschaden durch fehlende Lahmheit nur erst spät erkannt wird, das kann zum Beispiel der Fall bei chronischen Sehnenerkrankungen sein.

Mit dem Schaden am Sehnengewebe kommt es umgehend zu einer Umfangsvermehrung. Die ist einerseits Schäden im Bereich der Blut- und Lymphgefäße geschuldet, andererseits der Bildung einer sogenannten Fibrose, einer krankhafte Vermehrung von Bindegewebe.

Diese Umfangsvermehrung wird im allgemeinen als der klassische Sehnenbogen bezeichnet,  der sich hart anfühlt.

Sehenschäden durch Abnutzung

  • Sehnenschäden müssen nicht nur traumatische Verletzungen sein. Degenerative und verschleißbedingte Veränderungen können ebenso nachhaltig die Struktur beeinträchtigen. Ständige Überlastungen der Sehne (zum Beispiel auch durch Fehlstellung oder Blockaden) können eine Vorschädigung (Tendinose) bedingen, die dann auch als Ursache für die Tendinitis gesehen werden können.
  • Passiver Nährstofftransport und wenige Zellen

Die Heilung von Sehnenschäden ist langwieriger als die von Muskelschäden, da weniger Zellen, Nerven und Blutgefäße i,m Gewebe selbst vorliegen. Da macht den Nährstofftransport und die Regeneration sehr zeitintensiv. Der Nährstofftransport erfolgt nämlich durch Diffussion. Das heißt, dass Nährstoffe in das Gewebe und Abfallstoffe aus dem Gewebe ohne Blutgefäße sondern nur durch Molekülbewegungen erfolgen. Eine Anregung der Diffussion kann durch Bewegung, Wärme- oder Kälteanwendungen erfolgen.  Bewegung würde den Nährstofftransport zwar verbessern, muss aber den Umständen und in Absprache mit dem Tierarzt angepasst werden.

  • Verharzung des Bindegewebes durch Nährstoffmängel

Bei degenerativen Veränderungen der Sehnenstruktur ist nicht selten ein bereits langwieriger Nährstoffmangel Verursacher, der die Regeneration des Gewebes  verhindert hat, sodass es zu einer regelrechten "Verharzung" des Bindegewebes führt.

Erschwerend bei der Heilung von Sehnenschäden können Fehlstellungen, Blockaden und Verspannungszustände sein. Diese Faktoren sind bei der Hufbearbeitung,  im Rahmen der physiotherapeutischen Behandlung des Pferdes und in der Ernährung  zu beachten. Unabhängig von Methoden, die die Heilung des Sehnengewebes beschleunigen sollen obliegt es letztendlich dem Körper und seinen vorhandenen Bausteinen, ob und wann die Sehne vollständig ausgeheilt ist.

  • Zeit der Ruhe durch bedarfsgerechte Fütterung nutzen

Nach der Diagnosestellung ist im Allgemeinen zunächst Boxenruhe angesagt. Mittlerweile weiß man jedoch, dass in Absprache mit dem Tierarzt je nach Schaden das vorsichtige Bewegen im Schritt für den Nährstofftransport und zur Ausrichtung der kollagen Fasern angegangen werden muss.

In der Zwischenzeit besteht  für den Pferdebesitzer die Möglichkeit, das Pferd so zu füttern,  dass eine möglicherweise vorher verspannte Muskulatur wieder ausreichend Nährstoffe zur Verfügung gestellt bekommt. Eine Chance besteht für den Pferdebesitzer in dieser erzwungenen Ruhephase etwaige schon vorher vorhandene Nährstoffdefizite, die durchaus erst zum Sehnensschaden geführt haben, systematisch auszugleichen. Besonders betroffen können die Nährstoffe Magnesium, Mangan und Selen sein.

  • Bedeutung von Magnesium in der Regenerationsphase

Die Sehne besteht prinzipiell aus drei Anteilen: der Sehneninsertion (Verbindung von der Sehne zum Knochen), die im Knochen sehr gut verankert sein muss, dem Midportionbereich (reines Sehnengewebe) und dem Muskel-Sehnen-Übergang, bei dem die Sehne auch ausgedehnte intramuskuläre Anteile (Beispiel Fesselträger) haben kann.

Sie dient der Überleitung der durch den Muskel produzierten Kraft und der Kraftspeicherung im Sinne einer Feder. Spannungszustände in der Muskulatur haben daher auch eine direkte Auswirkung auf den Stress der Sehne. Eine Lockerung des Muskelgewebes schwächt den Druck auf die zu heilende Sehne ab, was für die Heilung von Vorteil ist.

Hier spielt u.a. das Mengenelement Magnesium  eine zweifach wichtige Rolle, denn ein Nährstoffmangel an Magnesium führt sowohl zu einer Verspannung der Muskulatur und damit auf einen mechanischen Zug auf das Sehnengewebe als auch zu einer erhöhten Unruhe des Pferdes, die gerade während einer Stehphase den Heilungsverlauf stört.

  • Schlüsselelemente für die Bindegewebsregeneration

Die Regeneration des Bindegewebes ist abhängig von verschiedenen Nahrungsbausteinen. Dazu gehören auch die Proteoglykane (Glucosaminsulfat und Chondroitinsulfat) als wichtige wasserbindende  Elemente der Matrix, die die Kollagenfasern in den Sehnen umgeben. Vitamin C, welches vom Pferd selbst ynthetisiert wird und beispielsweise auch in Hagebutten reichlich vorhanden ist sowie Kupfer tragen zu einer forcierten Kollagenbildung bei, während Mangan vor allem die Proteoglykansynthese unterstützt.

Als besonders problematisch gelten Verkalkungen im Insertionsbereich, also beim Übergang von den ausgerichteten Kollagenfasern über nicht kalzifizierten Faserknorpel hin zu den kalzifizierten Faserknorpeln und schließlich zum Knochen hin (Beispiel Nackenbandverkalkungen), die eine Beachtung des Magnesium- aber auch Mangangehalts im Blut erfordern. Solche Prozesse sind durchaus reversibel.

 

Siehe dazu auch: Das Geheimnis des Bindegewebes und alles zum Thema: Fesselträgerschaden. Pferde, die zu Boxenruhe verhaftet sind: Boxenruhe und Interessantes zum Thema Knochen und Sehnenheilung

  • Kollagen - Baustein für starke Gewebsstrukturen

Kollagen macht bei Pferden ca. 25 % des Gesamtproteins aus. Eine Besonderheit des Kollagens  sind die hohen Gehalte an den Aminosäuren Glycin, Prolin, Hydroxyprolin und Hydroxylysin. Die Peptidketten des kollagenen Bindegewebes enthalten an jeder dritten Stelle Glycin und sind auch mit Kohlenhydraten, wie zum Beispiel Glucose und Gallatose, verbunden. Kollagen ist aus drei Peptidketten aufgebaut, einer sogenannten Tripelhelix.

Kollagen wird im Normalfall in den Bindegewebszellen vor Ort in Abhängigkeit von Vitamin C gebildet (was beim Pferd nicht als essentieller Nährstoffe gilt),  durch die Zellmembran ausgeschieden und schließlich zu Kollagenfasern zusammen gelagert. Kollagen ist quellbar, jedoch nicht löslich. Eine charakteristische Eigenschaft von Kollagen ist das Schrumpfen beim Erhitzen (Achtung Bandagieren bei heißem Wetter > 60°C).

Möglicherweise hat die Fütterung von Kollagenpeptiden an Pferde eine Auswirkung auf eine schnellere Rekonstruktion des kollagenen Bindegewebes und damit der Stabilität.

  • Heilung der Sehne

Die Heilung des Sehne verläuft in verschiedenen Remodellierungs- und Reparationskaskaden ab, dabei folgt einer entzündlichen Phase der Abbau vorhandener Hämatome, gefolgt von einer instabilen Phase mit Bildung von Granulationsgewebe. Nach ca. vier Wochen ist die kollagenbildende Phase eingeleitet und es kommt zu einer Koordination der Kollagenfasern.

Besonders tiefgreifend wirken sich größere Defekte auf den Heilungsprozess aus.  Die Gefahr besteht, dass eine Heilung nur unter Ausbildung eines mechanisch schwächeren Ersatzgewebes erfolgt, was zu Wiederverletzungen führen kann.

Da das entstandene Narbengewebe vorwiegend Kollagen Typ III enthält, während im gesunden Sehnengewebe Kollagentyp I (zu 80 bis 95% des Gesamtkollagens) überwiegt, könnte darin eine Begründung für die Unterstützung der Heilung  durch die Gabe von hochwertigem Kollagenhydrolysat liegen.

Jetzt können Bewegungsreize gesetzt werden. Rückschritte können durch Degenerationen der kollagenen Fasern oder aber auch durch das Versagen eines Wiederaufbaus möglich sein. 

Gerade an dieser Stelle zeigt sich, wie wichtig die zuverlässige bedarfsgerechte und vielleicht auch noch darüberhinaus gehende Nährstoffversorgung eines Pferdes  mit nichtenergieliefernden Nährstoffen in der Phase der Regenerations- bzw. Stehzeit ist. Daher sollte der Zeitraum der Rekonvaleszenz aufgrund eines Sehnenschadens genutzt werden, die Mineralstoffzufuhr qualitativ zu überprüfen und etwaige Mängel in dieser Zeit großzügig auszugleichen. Ebenso hat sich der nutritive Einsatz von körpereigenen Nährstoffen (Glucosaminsulfat, Kollagen) und Kräutern und Wurzeln bewährt.

 

Dr. Susanne Weyrauch Wiegand Mai 2019©

 

 

 

 

 

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