Boxenruhe
Wenn Pferde krankheitsbedingt stehen müssen
Schwere Verletzungen, Sehnenschäden, Operationen oder gar Knochenbrüche sind Gründe, warum Pferde zur Boxenruhe verurteilt werden. Pferde gewöhnen sich oft schneller als ihre Besitzer an diesen Umstand. Was sich nun aber gravierend ändern muss, ist die Fütterung.
Die Getreide- bzw. Kraftfutterzufuhr ist jetzt nicht mehr wirklich notwendig, da die Bewegungsarmut in der Box einen sehr niedrigen Energiebedarf zur Folge hat. Man spricht hier vom Erhaltungsbedarf, der sich aus „Minimalbedarf“ und „Energiebedarf für die Futteraufnahme, Wärmeregulation, Verdauungstätigkeit und Muskelarbeit“ (Kirchgeßner, 1978) zusammensetzt. Dieser liegt beim 600 Kilogramm schweren Warmblutpferd um die 70 Megajoule (MJ). Durch eine reine Rohfaserfütterung von etwa 1,2 bis 1,5 kg Heu pro 100 Kilogramm Körpergewicht und 3 bis 4 Kilogramm Futterstroh ist der Erhaltungsbedarf bezüglich der Energie vollständig gedeckt. Eventuell können auch rein rohfaserhaltige Ergänzungsfuttermittel dazugefüttert werden.
Die getreidefreie Fütterung hat hier den Vorteil, dass die Pferde nicht verfetten, nicht übersäuern und beim späteren Anführen im Temperament gezügelt werden können.
Knochenentkalzifizierung durch Stehzeit
In der Zeit erzwungener Bewegungslosigkeit beginnt der Knochen zu entkalzifizieren. Die geringe Belastung der Muskulatur führt zu einem starken Verlust an Calcium im Skelett, welches allerdings später, wenn die Muskulatur wieder belastet wird, wieder eingelagert wird. Dieses Phänomen ist auch aus der Raumfahrt bekannt, so dass Astronauten einem strengen Bewegungsmanagement im All ausgesetzt werden.
Leider kann dieser Entkalzifizierung nicht mit der Fütterung von Calcium entgegengewirkt werden. Abgesehen davon ist der Calciumbedarf, der bei oben genanntem Pferd bei etwa 30 Gramm am Tag liegt, durch das Raufutter, speziell das Heu, rechnerisch hinreichend gedeckt.
Bedarfsgerecht Spurenelemente füttern
Die richtige Mineralisierung des Pferdes stellt in dieser Phase eine echte Herausforderung für die Fütterung dar. Der Bedarf des Pferdes an nicht-energieliefernden Nährstoffen besteht weiterhin, kann aber durch die geringe Fütterungsmenge nicht gedeckt werden. Zudem kommen erhöhte Bedarfe zum Zwecke der Geweberegeneration und Heilung hinzu.
Ungeeignet sind calciumreiche Mineralfutter, wie sie u.a. (mit mehr oder weniger Erfolg) für die Zucht eingesetzt werden. Calcium verdrängt als Antagonist die jetzt gerade so wichtigen Spurenelemente wie Zink, Mangan und Kupfer. Letztere beide sind für die Regeneration des Bindegewebes (z.B. Sehnengewebe, Knorpelgewebe) und des Knochens unentbehrlich, da die Knochenmatrix ebenso wie das Sehnen- und Knorpelgewebe reich an Kollagen und Mukopolyssacchariden ist. Die Bildung von Kollagen und Mucopolysacchariden ist eng an das Vorhandensein oben genannte Spurenelemente gebunden.
Oft erst kommt es aufgrund schwerer Nährstoffmängel zu Schäden in den Geweben, so dass die Stehzeit dazu genutzt werden kann, diese auszugleichen.
Mit Magnesium ruhig füttern
Sehr viele Pferde leiden im Verborgenen unter einem Mangel an Magnesium. Dadurch kommt es nicht selten zu Verspannungen, Nervosität und Unruhe, die gerade in der Stehzeit vermieden werden sollten. Um Heilungsvorgänge optimal zu unterstützen, Nährstoffmängel auszugleichen und das gesamte Portfolio an Nährstoffen, die für den täglichen Bedarf gebraucht werden, zur Verfügung zu stellen, muss der Mineralisierung Priorität eingeräumt werden.
Zink für die Wundheilung
Pferde, die schlimme offene Verletzung hatten oder nach Operationen gefüttert werden sollen, sollten ausreichend Zink für das Immunsystem und die Wundheilung erhalten.
Austretendes Wundwasser ist extrem reich an Zink, so dass grundsätzlich geschwunden immer ein erhöhter Zinkbedarf entsteht. Hohe Zinkgaben fördern die Zellneubildung und damit –regeneration für eine schnelle Heilung zerstörten Gewebes.
Siehe auch hier zum Thema Wundheilung: Schnellere Wundheilung, weniger Narbenbildung und Komplikationen bei Kastrationen
Inwieweit ist die Fütterung von Ölen wirklich notwendig?
Öle und Fette gehören zu den energiereichsten Nährstoffen, haben aber in Form von mehrfach ungesättigten Fettsäuren eine essentielle Bedeutung für den Stoffwechsel. Während der Boxenruhe hat das Pferd keinen Weidegang, keine Haferzufuhr und nimmt in den wenigsten Fällen ausreichend samenreiches Heu auf.
Da aber gerade für die Bekämpfung von Entzündungen eine Zufuhr essentieller Fettsäuren nötig ist, wird im Allgemeinen eine zusätzliche Fütterung von 50 Millilitern Leinöl oder entsprechend Leinsamen empfohlen.
Wechselt man auf Weizenkeimöl, Hanföl, Borretsch- oder Schwarzkümmelöl sollte man bedenken, dass der Gehalt an Omega-3-Fettsäuren im Leinöl am höchsten ist.
Eine bessere und effizientere Lösung ist die Verfütterung von Produkten mit der Docosahexaensäure aus der Alge Schizochytrum limacinum wie zum Bespiel im Produkt Nr. 3 Drachentöter.
Kräuter nicht vergessen
Selbstverständlich sollte die Ration des stehenden Pferdes mit Kräutern angereichert werden. Verdauungsfördernde Kräuter wie Anis und Fenchel können Koliken vorbeugen, Artischocke und Mariendistel entlasten die Leber, was gerade den Pferden zugute kommt, die medikamentös behandelt wurden. Die Unterstützung der Atemwege ist beim stehenden Pferd genau so sinnvoll, wie die allgemeine Stoffwechselunterstützung für einen besseren Heilungsprozess.
Kräuter wirken nicht selten entzündungswidrig, antioxidativ und befreien den Körper und ganz speziell das Bindegewebe von Schlacken und überschüssigen Säuren für eine schnellere Regeneration.
Andere Wirkfutter
Wer die Gelegenheit hätte, etwas frische Möhren (3 kg pro Tag) oder auch mal alle drei Tage ein Mash (300 bis 500g vor der Wasserzugabe) zu füttern, würde dem Pferd sicherlich eine Aufmunterung bieten. Ebenso ist frisch geschnittenes Gras (Länge über 30 cm) in Maßen (höchstens 5 Kilogramm ) eine willkommene Abwechslung und liefert wie auch die Möhren ß-Carotin, das zur Knochenregeneration nicht fehlen sollte. Wer fürchtet, sein Pferd könnte zu sehr abmagern oder würde ohne Krippenration verzweifeln, kann mit getrockneten Grasprodukten nichts falsch machen.
Dr. Susanne Weyrauch-Wiegand © 2011 überarbeitet 2022