Bedarfsgerechte Ernährung

Nehmen Sie die Tomaten von den Augen!

Kritische Gedanken zur Möglichkeit einer bedarfsgerechten Ernährung

Seit über 30 Jahren beschäftige ich mich beruflich und privat ausschließlich mit Ernährungsthemen. Sich bedarfsgerecht zu ernähren war auch das Thema meiner Doktorarbeit. Auf der Basis einer sehr großen Erhebung mit 20.000 Personen (nationale Verzehrsstudie NVS 1985-1989) erforschte ich den Einfluss von sozialen Merkmalen auf den Lebensmittelverzehr und die Nährstoffzufuhr von Personen. Dabei hatte ich die Gelegenheit mit computergesteuerten Ernährungsprogrammen zu arbeiten. Die Erkenntnis daraus versetzte mich selbst in Staunen.

Ich versuchte über ein Rechenprogramm den Nährstoffbedarf einer 30-jährigen Frau mit bestimmten Lebensmitteln zu decken, ohne dass ein Mangel entsteht. Nach über 4 Stunden hatte ich sogar einen kleinen Plan erstellt, der mich allerdings leicht erschüttert hat. Zunächst zu den Eckdaten: der Energiebedarf einer Frau zwischen 25 und 50 Jahren, die in der heutigen Zeit eher im Büro sitzt, vielleicht noch leichten Sport treibt und bestimmt keine körperliche Schwerstarbeit leistet. Daraus resultiert ein relativ geringer Energiebedarf, der mit bestimmten Lebensmitteln sehr leicht überschritten werden kann. Wird der tägliche Energiebedarf nur um ein klein wenig überzgen, kommt es über Tage, Monate und schließlich Jahre zur Ausbildung von Übergewicht, was im allgemeinen vermieden werden soll.

Basierend auf dem Grundumsatz wird klar, dass auch eine nur leicht erhöhte tägliche Kalorienzufuhr mit der Zeit das Gesamtgewicht deutlich verändert:

  • Frau: Körpergewicht in kg x 24 x 0,9 = Grundumsatz in kcal
  • Mann: Körpergewicht in kg x 24 x 1,0 = Grundumsatz in kcal

Wiegt eine Frau also 60 kg, so beträgt ihr täglicher Grundumsatz 1296 kcal. Würde sie täglich 216 cal, zum Beispiel durch ein belegtes Brötchen mehr am Tag essen, so wäre die Wahrscheinlichkeit, dass sie bald 70 Kilo wiegt relativ hoch.

Man kann an dieser Stelle natürlich über sportliche Leistungen diskutieren, aber jeder weiß, dass das nicht so einfach ist täglich umzusetzen und wir uns leider was den Energiebedarf betrifft leider sehr nah am Grundumsatz befinden. Wir kämpfen also mit der Energiezufuhr.

Gleichzeitig soll jedoch bei relativ geringer Energiezufuhr der Bedarf an essenziellen Nährstoffen (nicht energieliefernden Nährstoffen) gedeckt werden. Der offizielle Nährstoffbedarf entspricht in etwa den Nährstoffempfehlungen der DGE (Deutsche Gesellschaft für Ernährung). Vergleicht man den Nährstoffbedarf des Menschen an Spurenelementen mit anderen Spezies, stellt man fest, dass bei Hund und Pferd teilweise die dreifache Menge zu Grunde liegt.

Wird der tägliche - wenigstens von der DGE vorgegebenen -  Bedarf an essenziellen Nährstoffen nicht gedeckt entwickelt sich über Tage, Monate und Jahre ein Nährstoffmangel.

Ein Nährstoffmangel zeigt sich zunächst erst sehr unspektakulär in so banalen Beispielen wie schuppiger Haut, Infektanfälligkeit, unbegründeter Nervosität, Schlafstörungen oder ähnlichem.

Schreitet der Nährstoffmangel über Monate und Jahre voran, entwickeln sich aus Bagatellerkrankungen krankheitsähnliche Symptome wie Ekzeme, chronische Atemwegserkrankungen, psychische Labilitäten.

Wird der Nährstoffmangel nicht aufgedeckt, kann es sogar zu einer manifestieren dieser Symptome in Form der chronischen Erkrankung kommen.

 

Diskussionen zum Thema Nahrungsergänzungsmittel

Wenn man an Nahrungsergänzungsmittel in Verkehr bringt, muss laut EU-Recht auf dem Produkt ein Warnhinweis stehen, der besagt, dass die Nahrungsergänzung keinen Ersatz für eine ausgewogene Ernährung darstellt. Nun stellt sich primär die Frage nach einer ausgewogenen Ernährung.

Sind der morgendliche Kaffee, ein Marmeladenbrot, mittags ein Stück Fleisch aus der Massentierhaltung in der Kantine mit fettigen Kartoffeln und verkochtem Gemüse und abends ein belegtes Wurstbrot eine ausgewogene Ernährung?

Wie ist es mit der Empfehlung von fünf mal Gemüse oder Früchten am Tag? Ist das überhaupt finanziell umsetzbar bzw. können wir uns leisten, täglich Bioprodukte zu verzehren? Würden wir - wenn wir konventionelles Gemüse essen - überhaupt so viele Chemikalien verkraften (Erdbeeren werden im Lauf ihres Wachstums mindestens fünfmal gespritzt bevor sie in den Verkehr kommen)? Ist der Nährstoffgehalt von Früchten und Gemüsen derzeit wirklich so hoch, dass er dazu beiträgt, unseren Bedarf zu decken?

Diese Fragen stellen sich unweigerlich und zeigen, dass die Aussage, man würde mit einer ausgewogenen Kost den Nährstoffbedarf decken, fraglich ist.

 

Dr. Susanne Weyrauch- Wiegand 2015©

 

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